Artemia- unverzichtbar für die Zucht?

Bilder und Text von Michael Scharfenberg, Seerose Frechen

Schon im Jahr 1758 wurde der erste Salinenkrebs, Artemia salina, von Linneaeus beschrieben. Fundort war der britische Salzsee Lake Livington, welcher aber nicht mehr existiert. Offiziell gilt die Art in Europa als ausgestorben. Wenn wir Artemiaeier kaufen, sind es wohl meistens Artemia franciscana aus der USA.

Artemia leben in Binnensalzgewässern, wo sie bis auf Wasservögel keine nennenswerten Fressfeinde haben. Das gelegentliche Austrocknen überstehen sie mit Dauereier, welche jahrelang trocken liegen können. Auch längerer Frost macht ihnen nichts aus. Sind die Lebensumstände für die Artemia günstig, vermehren sie sich mit lebend geborenen Nachwuchs. Verbreitet werden sie durch ihre Dauereier, welche an den Federn der Zug-vögel hängen bleiben. In wieweit es dadurch auch zu einer Hybridisierung der einzelnen Arten kommt, ist noch nicht vollständig erforscht.

Weltweit sollen momentan 11 Artemia Arten beschrieben sein, jedoch findet man im Internet und in der Literatur die verschiedensten Angaben:

  • Artemia franciscana - Kellogg 1906. Vorkommen: Nordamerika, Karibik, Pazifische Inseln, Australien
  • Artemia gracilis - Verrill 1869. Vorkommen: Amerika
  • Artemia monica - Verrill 1869. Vorkommen: Nordamerika; evtl. als Unterart von Artemia franciscana anzusehen
  • Artemia parthenogenetica - Claudio Barigozzi 1974. Vorkommen: Europa, Afrika, Asien, Australien
  • Artemia persimilis - Piccinelli und Prosdocimi 1968. Vorkommen: Argentinien
  • Artemia salina oder Salinenkrebs - Linnaeus, 1758. Vorkommen: Europa, Nordafrika
  • Artemia nyos oder Sea-Monkey - Harold von Braunhut 1960. Aus einer Zuchtlinie?
  • Artemia sinica - C. Yaneng 1989. Vorkommen: Zentralasien, China
  • Artemia tibetiana - T.J. Zhang und B. Sorgeloos 1998. Vorkommen: Tibet, China
  • Artemia tunisiana - Anne Fausto-Sterling 1978. Vorkommen: Europa, Nordafrika
  • Artemia urmiana - Gunther 1900. Vorkommen: Iran

Als Aufzuchtfutter für Jungfische sind die Nauplien des Salinenkrebses sehr beliebt. Die Weltweite Nachfrage an diesem Futter für die Garnelen- und Fischfarmen haben die Preise für gute Qualitäten stark ansteigen lassen. In den Vereinen werden oft Sammelbestellungen getätigt, denn bei der Abnahme von mehreren Dosen kann oft ein guter Rabatt aushandelt werden. Die bekannten Anbieter liefern fast immer Dauereier von Artemia franciscana in einer guten und frischen Qualität. Hier liegen die Schlupfraten bei über 90 Prozent. Bei den verschiedenen Ernten treten natürlich Qualitätsschwankungen auf. Der Grund für schlechte Schlupfraten ist aber meistens bei zu alten Dauereiern und bei der falscher Lagerung zu suchen. Beim Kauf ist deshalb darauf zu achten, dass die Artemiaeier Vakuum verpackt und mit einer Haltbarkeit von zwei Jahren gekennzeichnet sind.

Damit die hohe Schlupfrate auch nach dem Kauf lange erhalten bleibt, werden die Dauereier im Kühlschrank aufbewahrt. Jedoch nur so viele, wie wir in wenigen Wochen verbrauchen. Die angebrochene Verpackung, aber auch neue im Vakuum verpackte Artemiaeier lagere ich im Gefrierschrank. Artemia Dauereier von den asiatischen Salinenkrebsen werden oft sehr preiswert angeboten. Auch hier werden hohe Schlupfraten versprochen. Befreundete Züchter berichteten positives wie negatives. Ich selber habe über die DKG Salinenkrebseier aus Russland ausprobiert. Sie brauchten etwas länger zum schlüpfen und waren etwas größer. Dafür haben sie auch nur ein Drittel von dem gekostet, was man für Salinenkrebseier aus der USA ausgeben muss. Am besten man fordert eine Probepackung an, bevor man sich eine ganze Dose davon zulegt.

Die ganzjährige Verfügbarkeit und das man schon nach zwei Tagen ein mundgerechtes Jungfischfutter hat, macht dieses Futter für viele Züchter unverzichtbar. Ganz frisch geschlüpfte Nauplien sind noch weich genug, dass diese selbst von Jungfischen aufgeschlürft werden können, deren Maul eigentlich noch zu klein für Salinenkrebse wäre. Die Größe der frisch geschlüpften Nauplien ist je nach verwendeter Sorte unterschiedlich. Mit den Salinenkrebsen schleppt man sich auch keine Parasiten ins Aquarium ein, wie das schon einmal bei Wasserflöhen, Mückenlarven oder anderen getümpelten Lebendfutter vorkommen kann. Und sie übertragen keine Krankheiten auf unsere Fische. Einen Nachteil gibt es aber auch, die Nauplien sterben im Süßwasser schon nach einigen Stunden ab.

Das Ansetzen einer Artemiazucht ist sehr leicht. Als Zuchtbehälter haben sich bei mir die ein Liter fassenden Milch- oder Saftflaschen mit der großen Öffnung bewährt. In diese gibt man nun 35g bis 40g Salz (einige Aquarianer nehmen dafür Meersalz für eine bessere Schlupfrate, bei mir funktioniert es mit preiswerten Salz für die Spülmaschine seit Jahren sehr gut), sowie Artemia Eier nach Bedarf. Ein halber Teelöffel ist dabei schon sehr viel! Aufgefüllt wird die Flasche mit Leitungswasser, die Härte des Wassers spielt dabei keine Rolle.

Nun schüttelt man die Flasche gut durch (viele schwören auf eine 24 Stunden Beleuchtung, bei mir sind es nur 10 Stunden und es geht auch ohne Licht) und belüftet diese mit einer handelsüblichen Membranpumpe. Je nach Temperatur und verwendeter Sorte schlüpfen die Nauplien nach 36 bis 48 Stunden. Vor dem Verfüttern kann man die Nauplien noch mit Zusätzen, wie z.B. Fischöl anreichern. Man kann diese Zusätze bei verschiedenen Internetshops kaufen. Zur Zeit gebe ich 3 Stunden vor dem Verfüttern ein Gemisch aus Algenpulver und Karotinpulver hinzu, welches die Salinenkrebsnauplien aufnehmen. Etwa 10 Minuten vor dem Verfüttern stellt man die Belüftung ab und beleuchtet die Zuchtflasche von der Seite mit einer starken Lampe. Die Nauplien versammeln sich alle an der Lichtquelle und können nun mit einem kleinen Schlauch in ein feinmaschiges Sieb mit ca. 120 bis180 µm abgesaugt werden. Jetzt werden sie mit klarem Wasser abgespült und sofort verfüttert. Es gibt auch Zuchtflaschen, welche am Boden ein Ablassventil haben. Stellt man die Belüftung ab, sammeln sich die Salinenkrebse am Boden, und können nun durch das Ventil abgelassen werden.

Ist die Flasche soweit geleert, dass sich das Absaugen nicht mehr lohnt, sind immer noch genügend Nauplien vorhanden, um eine Artemiazucht anzulegen. Ein altes Aquarium oder eine Mörtelwanne wird mit Salzwasser (1,0g/cm3 bis1,20g/cm3 ein.) aufgefüllt. Eine dünne Schicht Gartenerde sorgt für die richtige Bakterien- und Algenbildung. Man sollte dem Aquarium zwei Wochen lang Zeit lassen, bevor man den ersten Artemia einsetzt. Der Zuchtbehälter sollte sehr hell aufgestellt werden, damit sich genug Grünalgen bilden. Bei mir hat das Aquarium einen Standort, wo es fast den ganzen Tag in der Sonne steht. Die hohen Temperaturen scheinen den Salinenkrebsen nichts auszumachen. Wenn die Anzahl der adulten Salinenkrebse im Zuchtaquarium ansteigt, reicht die Algenbildung oft nicht mehr aus. Als Zusatzfutter eignet sich käufliches Algenpulver oder besser und billiger aufgelöste Hefe. Auch Grünalgenkulturen eignen sich sehr gut zum verfüttern. Aber wie bei den Wasserflöhen gilt auch für die Fütterung der Artemia die Regel "weniger ist mehr".

Innerhalb von 2 bis 3 Wochen sind aus den Nauplien große Artemia geworden, welche von allen Fischen gerne gefressen werden. Wenn man einen Frostfesten Behälter für seine Gartenzucht gewählt hat, kann man diesen den Winter über im Garten stehen lassen. Eine durchsichtige Abdeckung gegen zu viel Regenwasser und Laub ist allerdings wichtig. Bevor es wieder warm wird, tausche ich einen Teil des alten Wassers gegen frisches aus, und stelle die Dichte auf 1,0g/cm3 bis1,20g/cm3 neu ein. Im Frühjahr schlüpfen aus den Dauereiern, welche den Winter überstanden haben, eine neue Generation Fischfutter.

Literatur: Artemiaworld, Aquakultur Genzel, Wikipedia, Futtertierzucht von Volland und Friederich.

Michael Scharfenberg 2014